Die Unterdrückung Andersdenkender hat in Russland dieses Jahr eine neue Dimension erreicht. Erstmals seit Ende der Sowjetunion werden nicht nur Regimekritiker, sondern auch deren Anwälte systematisch verfolgt. So wurden im Oktober drei Verteidiger des inhaftierten Oppositionsführers Alexei Nawalny festgenommen. Wadim Kobsew, Igor Sergunin und Alexei Lipster wird „Extremismus“ vorgeworfen. Ein weiterer floh kurz drauf aus Russland.
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Ganz neu ist die Verfolgung von Strafverteidigern in Russland nicht. Bereits vor Jahren wurden missliebige Anwälte festgenommen und sogar verprügelt. Von solchen Fällen erzählt der Dokumentarfilm Russia vs. Lawyers, der noch bis 30. November im Berliner Kino Krokodil gezeigt wird. Die in München lebenden Regisseurin Masha Novikova hatte drei Jahre lang die Arbeit mehrerer Anwälte verfolgt, die trotz staatlichen Drucks weiter Oppositionelle und Menschenrechtler verteidigen.
Der Hauptprotagonist des Films, der Anwalt Michail Benjasch aus dem südrussischen Krasnodar, war kürzlich Gast beim Filmfestival Cottbus, wo die Deutsche Sacharow Gesellschaft eine Diskussion mit ihm, der Regisseurin und der bekannten russischen Menschenrechtsanwältin Karinna Moskalenko veranstaltete.
Moskalenko lobte die „großartige Arbeit“ der Anwälte und erklärte unumwunden, was den russischen Staat motiviert, sie zu verfolgen: „Die nutzen die Bühne des Gerichts, um Unrecht anzuklagen,“ sagte sie. Die Anwältin, die seit 2005 in Straßburg lebt und arbeitet, kündigte an, mit allen verfügbaren juristischen Mitteln gegen die Verfolgung ihrer Kollegen in Russland vorzugehen. Denn wenn „der Staat anfängt, Rechtsanwälte zu verfolgen, gibt es gar keinen Schutz mehr“, erklärte sie.
Benjasch, dem im Februar seine anwaltliche Lizenz entzogen wurde, rief dazu auf, verfolgte Juristen in Russland zu unterstützen. Er wandte sich entschieden gegen die Auffassung, dass die große Mehrheit der russischen Bevölkerung loyal zum Regime stehen. „Es gibt eine riesige Menge Leute in Russland, die ihre Arbeit jetzt in den Untergrund verlegen“, betonte er.
Russia vs. Lawyers läuft am Donnerstag, 30. November, im Berliner Kino „Krokodil“. Karten gibt es hier: https://kino-krokodil.de/tickets/
Die Veranstaltung fand im Rahmen des vom Auswärtigen Amt unterstützten Projekts „Wege zur Aufarbeitung von Krieg und Diktatur“ der Deutschen Sacharow Gesellschaft statt.
Michail Benjasch, Karinna Moskalenko und DSG-Vorstand Peter Franck (von links) während der Diskussion in Cottbus
Diskussion im Cottbuser GLAD-HOUSE