„Das Regime wäscht schon Kinderhirne“

von | 19. Nov. 2025 | Aktuell, Veranstaltung

Beim Festival des Osteuropäischen Films in Cottbus haben wir dieses Jahr wieder über Russland diskutiert. Unter dem Titel „Zivilgesellschaft in Russland. Was bleibt?“ sprachen Sergej Lukaschewski und drei russische Filmschaffende über die Entwicklungen in ihrer Heimat. Moderiert wurde die Veranstaltung von unserem Vorstandsmitglied Peter Franck.

Die Diskussion stand ganz unter dem Eindruck der drei beeindruckenden Filme, die unmittelbar davor in der Cottbuser Kammerbühne gezeigt wurden. „Mr Nobody against Putin“, ein Dokumentarfilm, der mittels außer Landes geschmuggelten Aufnahmen zeigt, wie eine Schule zur Propagandamaschine verkommt, „Songs of Duolan“, eine Dokumentation über die jakutische Diaspora in Georgien und „Memorial / Liquidation“ über die Auflösung der Menschenrechtsorganisation Memorial.

Sergej Lukaschewski, der ehemalige Direktor des ebenfalls aufgelösten Moskauer Sacharow-Zentrums, bemerkte, dass die Filme trotz unterschiedlicher Handlungen eines gemeinsam hätten: Ihre Hauptpersonen stehen für Menschlichkeit angesichts des Angriffskrieges und für die Verteidigung der eigenen Identität gegen das, was das Putin-Regime ihnen aufzwingt.

Fotos: FilmFestival Cottbus
 
Immer wieder kam in der Diskussion die Frage auf, was solche Filme bewirken können und wen man in Russland noch erreichen könne. Die Diskutanten waren sich einig, dass angesichts der massiven Repressionen die Chancen dafür gering sind. Zwar sei unabhängige Arbeit in Nischen, etwa für Umweltorganisationen, noch eingeschränkt möglich, insgesamt sei die Situation aber wenig hoffnungsvoll: „Das Regime wäscht schon Kinderhirne“, kommentierte Lukaschewski mit Blick auf „Mr Nobody against Putin“.
 
Taisija Krugowych und Wassily Bogatow, die Produzenten von „Memorial / Liquidation“, wiesen darauf hin, dass gar nicht mehr feststellbar sei, wer solche Filme in Russland ansehe. Denn angesichts der mittlerweile immensen Zensur im Netz seien kritische Inhalte nur noch mit VPN erreichbar. Weil aber VPN den Standort verschleiere, könne niemand nachvollziehen, welche Nutzer wo darauf zugreifen.
 
Ein bisschen Hoffnung machte ein russischer Zuschauer aus dem Publikum. Wenn man schon die Situation in Russland nicht verbessern könne, so sei es wichtig und richtig, dass sich Russinnen und Russen im Exil organisieren und sich auf die Zeit nach dem Krieg vorbereiten. „Wir können Verbrechen dokumentieren und ein Tribunal (gegen Kriegsverbrecher) vorbereiten“, betonte der Mann, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte.

 

 

Die Diskussion fand im Rahmen des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts „Wege zur Aufarbeitung von Krieg und Diktatur“ der Deutschen Sacharow Gesellschaft statt.

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