Videoaufzeichnung unserer Online-Diskussion am 26. November 2021.
Es diskutierten:
- Tatjana Woroschejkina, Politikwissenschaftlerin, Freie Universität, Moskau;
- Andrej Kolesnikow, Carnegie Moscow Center;
- Jan C. Behrends, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam;
- Martin Schulze Wessel, Lehrstuhl für Geschichte Ost- und Südosteuropas, Ludwig-Maximilians-Universität München
- Margarita Sawadskaja, Politikwissenschaftlerin, Europäische Universität, St. Petersburg.
Moderation: Boris Grosowskij, Publizist und Gründer des Telegram-Kanals „Events und Texts“
Begrüßung von Caroline von Gall, Deutsche Sacharow Gesellschaft und Sergej Lukaschewski, Sacharow-Zentrum, Moskau
Die vergangenen zwei Jahrzehnte haben gezeigt, dass autoritäre Systeme überlebensfähiger sind als gedacht. Die chinesische Führung fordert die westlichen Demokratien politisch und ökonomisch heraus. In Osteuropa begehrt die demokratische Opposition von Belarus seit 2020 vergeblich gegen den „letzten Diktator Europas“ auf, in Russland wird die Luft für die kritische Zivilgesellschaft immer dünner.
Dabei schien der Zusammenbruch solcher Regimes noch in den 1990er Jahren unvermeidlich. Man ging davon aus, dass sie entweder ihrer eigenen Misswirtschaft zum Opfer fallen oder nach erfolgreichen Wirtschaftsreformen sich selbst demokratisieren würden. Gewaltloser Widerstand von innen zusammen mit dem Druck aus der freien Welt schienen übermächtig zu sein. Heute sehen wir, dass autoritäre Kräfte mittels polizeilicher Sondereinheiten, moderner Informationstechnologien und politischer Repression gegenüber der friedlichen Zivilgesellschaft die Oberhand gewinnen.
Während es den entwickelten Demokratien und internationale Institutionen oft an Einigkeit, politischem Willen und an Ressourcen für Demokratieförderung fehlt, unterstützen sich autoritäre Staaten erfolgreich gegenseitig. So hätten das nordkoreanische oder das belarussische Regime ohne die Unterstützung Chinas und Russlands nicht überlebt. Staatliche Lenkung von Wahlen, Politik und Medien ermöglicht es autoritären Ländern wie Russland, Sanktionen relativ leicht zu tolerieren.
Was können diejenigen, die sich der freien Welt zugehörig fühlen (unabhängig davon, in welchem Land sie leben), in dieser Situation tun? Wie können liberale Demokratien international wieder an Anziehungskraft gewinnen? Was können Zivilgesellschaften den neuen Polizeiregimes entgegensetzen?
Eine Veranstaltung des Moskauer Sacharow-Zentrums in Kooperation mit der Deutschen Sacharow Gesellschaft.